26.04.2018

Erste Sondersitzung des Stadtbezirksrates Ricklingen zum Konzept „Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum“

Erste Sondersitzung des Stadtbezirksrates Ricklingen zum Konzept „Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum“

Herr Dr. Axel von der Ohe präsentierte das Konzept der Stadt für Sicherheit und Ordnung. Das subjektive Sicherheitsgefühl sei sehr hoch. Dennoch soll nicht nur in Hannover ein Konzept für Ordnung, Sicherheit und Schutz vor Kriminalität umgesetzt werden.

Schwerpunkte des Konzeptes:

  • Vorgehen gegen aggressives Betteln unter Beteiligung von Kindern.
  • Straßenmusik: Wie in anderen Großstädten soll Straßenmusik nur an definierten Orten und Zeiten mit Ortswechselpflicht möglich sein.
  • Raschplatz, bahnhofsnahe Plätze: mehr sozialarbeiterische Begleitung, zusätzliche Bestreifung.
  • Abfallfahndung / Akteure für Sauberkeit.
  • Auf Nachfrage eines Bürgers bestätigte Dr. Axel von der Ohe, dass eine bessere Beleuchtung für mehr Sicherheit an schlecht beleuchteten Stellen ebenfalls Bestandteil des Konzepts werden soll.
  • Aufbau eines kommunalen Ordnungsdienstes, der für Störungen im öffentlichen Raum zuständig sein soll, aber keine „Straßensheriffs“ bereitstellen werde. Die Arbeit des geplanten Ordnungsdienstes beruhe auf einem deeskalierenden Ansatz. Die Mitarbeiter werden durch die Polizei geschult. Vorgesehen seien ca. 50 Mitarbeiter im Innen- und Außendienst, davon soll ca. die Hälfte der Innenstadt und die andere Hälfte den Stadtbezirken möglichst bedarfsgerecht und je nach Sicherheitslage zugwiesen werden. Die Einsatzzeiten von 8 bis 22 Uhr seien in Abstimmung mit der Polizei festgelegt, weitere Einsätze seien nach Bedarf bzw. bei Sonderereignissen möglich. Vorgesehen sei zwar eine zentrale Rufnummer, die Mitarbeiter kommen jedoch nicht auf Abruf. Sie seien präsent auf Streife und dann auch ansprechbar. Es werde eine paritätische Geschlechterverteilung angestrebt, es sei aber mit einem männlichen Überhang zu rechnen. Der Aufwand werde zunächst auf 4 Mio. Euro geschätzt.

Facebook Markus Sicherheit und Ordnung1kleinEine Mitarbeiterin für Personal und Organisation erläuterte das Auswahl- und Einstellungsverfahren: Ausschreibungen erfolgen intern und extern, jeder Interessent mit einer 3jährigen Ausbildung und Erfahrung in Ordnung und Sicherheit könne sich bewerben, Verwaltungskenntnisse werden vermittelt. Es gebe keine Altersfestlegungen, diese wären diskriminierend. Ein Qualifizierungstool sei vorgesehen.

Der Ordnungsdienst soll mit Fahrzeugen ausgestattet sein, E-Mobilität sei hierbei nicht ausdrücklich vorgesehen, sie dürfte aber im Rahmen des E-Mobilitätsprojekt der Stadt Hannover auch für den Ordnungsdienst eingeführt werden. Videoüberwachung sei im Rahmen des kommunalen Ordnungskonzeptes nicht erlaubt.

Markus Karger (AfD) begrüßte die Einrichtung des Ordnungsdienstes, bemängelte aber – nicht als einziger – die Einsatzzeiten von 8 bis 22 außer sonntags. Er wies konkret auf die Gefahr von Widerstandshandlungen hin. Er fragte ferner präzise nach den Befugnissen der Mitarbeiter des Ordnungsdienstes und nach deren Schutzausrüstung (Schutzwesten, Pfefferspray, Schlagstock) und erinnerte an die gestiegenen Zahlen der Straftaten gegen Polizisten. Er könne nicht bestätigen, dass die Menschen keine Angst hätten.

Dr. Axel von der Ohe antwortete darauf, dass der Ordnungsdienst nicht für zugespitzte Situationen zuständig, sondern auf Deeskalation vorbereitet sei. Schutzwesten seien vorgesehen, denn die Sicherheit der Mitarbeiter sei wichtig, Schlagstöcke werde es nicht geben – der Schlagstock könnte das Risiko für die Ordnungskräfte erhöhen, indem er zu Gewalt animiere, zudem bringe er kein besseres Sicherheitsgefühl. Markus Karger konnte diesem Argument nicht folgen und wies erneut auf das Risiko hin, dass das Personal angegriffen werde. Dr. Axel von der Ohe leugnete körperliche Übergriffe. Am Beispiel des aggressiven Bettelns erwähnte er die Identitätsfeststellungsbefugnis und die Befugnis, ein konsequentes Verbot durchzusetzen sowie die Person wegzutragen. In kritischen Situationen sei die Polizei hinzuzuziehen.

Dr. Axel von der Ohe ist offensichtlich leider nicht bewusst, wie schnell polizeiliche Lagen eskalieren können, dies oft wegen Nichtigkeiten. Identitätsfeststellung oder Deutung auf ein Fehlverhalten sind nicht selten Auslöser von Gewaltanwendung durch den Adressaten der Maßnahme, ohne dass Zeit bleibt, Verstärkung hinzuzuholen. Markus Kargers Bedenken gehen dahin, dass Mitarbeiter des Ordnungsdienstes erst recht gefährdet und überfordert sein könnten.

Sophie Bergmann (SPD) warf Markus Karger vor, Schwarzmalerei zu betreiben und Angst zu schüren. Es gäbe einen deutlichen Rückgang der Kriminalität, den Dr. Axel v on der Ohne für alle Deliktsgruppen für den Zeitraum 2016-2017 bestätigte.

Maria Tzinopoulou-Gilch (Bündnis 90/Die Grünen) entgegnete Markus Karger, eine gute Ausbildung mit Schwerpunkt auf Deeskalation sowie gute Kommunikationsfähigkeit machten Schlagstöcke unnötig.

Aufgrund dieser Aussage ist nicht anzunehmen, dass Frau Tzinopoulou-Gilch über Erfahrung in puncto Sicherheit verfügt. In einschlägigen Kreisen ist Deeskalation synonym von Schwäche, so dass es trotz guter Kommunikationsfähigkeit regelmäßig zu Widerstandshandlungen kommt.

Einige Bürger meldeten sich mit folgenden Sorgen und kritischen Anmerkungen zu Wort:

Aggressives Betteln habe es früher nicht in der jetzigen Form gegeben, die Polizei sorgte für Ordnung, die mehrheitlich deutschen Bettler bereiteten kaum Probleme. Heute seien die Bettler mehrheitlich Nichtdeutsche, und man habe nichts mehr im Griff.

Es wird befürchtet, dass zu wenig Personal in den Außenbezirken unterwegs sein könnte. Wilde Müllplätze seien auch problematisch.

Die beste Frage des Abends wurde von einem jungen Mann gestellt, der sich nach einer detaillierten Ursachenanalyse der Stadt erkundigte. Früher habe man keinen Ordnungsdienst gebraucht. Wie krank sei die Stadt, das Gemeinwesen? Man doktere an Symptomen herum, was aber sei die Ursache? Eine sehr gute Frage angesichts der angeblich rückläufigen Kriminalität und des angeblich hohen Sicherheitsgefühls der Bevölkerung. Erwartungsgemäß antwortete Dr. Axel von der Ohe relativ schwammig, es gebe nicht die eine Ursache, vielmehr gebe es zahlreiche insbesondere soziologische Ursachen.

Ein Online-Dialog als Instrument der Qualitätssicherung ist vorgesehen.

Die nächste Podiumsdiskussion steht im Mai oder Juni an.