02.03.2021

Welche Fraktion hat 27.000 Euro für eine Klausurtagung verballert? 

Steuergeldverschwendung großen Kalibers

27.000 Steuergeldverschwendung 1Hannover (afd) - Niedersächsische Städte statten die in den Kommunalparlamenten vertretenen Fraktionen sehr unterschiedlich mit Mitteln aus, und die Verwendung dieser Gelder ist nicht immer korrekt. Das bringt ein Bericht des Landesrechungshof ans Licht, der jetzt dem hannoverschen Stadtrat vorgelegt wurde. Geprüft wurden zehn Städte, darunter Hannover, Prüfzeitraum waren die Haushaltsjahre Jahre 2017 und 2018.

 

Für Hannover enthält der Bericht Brisantes. Auf Seite 55 heißt es: „Fraktionen in mehreren Städten setzten einen Großteil ihrer Zuwendungen für fraktionsinterne Veranstaltungen ein. Beispielsweise führten einzelne Fraktionen sehr umfangreiche und kostenaufwändige, mehrtägige Fraktionsklausuren durch. Kostentreiber der internen Veranstaltungen waren u. a. die gewählten Tagungsstätten in gehobenen Preisklassen mit entsprechend hohen Bewirtungskosten. In der Spitze rechnete beispielsweise eine Fraktion der Landeshauptstadt Hannover für eine einzelne Fraktionsklausur einen Betrag von über 27.000 € ab. 

Sofort nach Eröffnung der Debatte in der jüngsten Ratsversammlung meldete sich Sören Hauptstein zu Wort. Welche Fraktion das denn sei, die derart krass gegen alle Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit verstoßen habe, wollte der Vorsitzende der AfD-Fraktion von Personaldezernent Prof. Baumann wissen. Der sagte zunächst, das wisse er nicht, diese Information wolle er aber nachreichen.

Ob es tatsächlich dazu kommt, ist aber keineswegs gewährleistet, wurde im weiteren Verlauf der Debatte deutlich. Nachdem mehrere Vertreter anderer Fraktionen auf einen vermeintlichen Datenschutz pochten, relativierte der Personaldezernent seine gegebene Zusage dahingehend, dass zunächst die Vertraulichkeit zu prüfen sei. Weitere Fragen tauchten auf, wie die, wer überhaupt Ansprechpartner in dieser Sache sei: die Stadt Hannover oder der Landesrechnungshof, und ob die Herausgabe der Information eventuell sogar eingeklagt werden müsse.   

Hauptstein: „Berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit"

Der AfD-Fraktionschef ließ aber nicht locker: „Die Öffentlichkeit hat ein berechtigtes Interesse daran, zu erfahren, welche Fraktion diese Steuergeldverschwendung zu verantworten hat, und auch wir Ratsmitglieder haben ein Informationsrecht." Ähnlich AfD-Ratsherr Markus Karger: „27.000 Euro sind kein Pappenstiel. Der Bürger hat ein Recht, zu wissen, wofür seine Steuergelder ausgegeben werden."

FDP-Mann Wilfried Engelke warf der AfD-Fraktion vor, es gehe ihr gar nicht um Transparenz, sondern sie brauche das nur, um dieses Thema im kommenden Kommunalwahlkampf auszuschlachten zu können. Hauptstein hielt scharf dagegen: „Selbstverständlich werden wir das bekannt machen, und ich wüsste auch nicht, was anrüchig daran sein sollte." Verschiedene Fraktionen beteuerten, sie seien das nicht gewesen mit den 27.000 Euro, und es ist ein offenes Geheimnis, um welche Fraktion es sich nur handeln kann. Aber das möchte die AfD-Fraktion gern offiziell erfahren.

Die 27.000 Euro für eine Klausurtagung sind zwar der eklatanteste Fall von missbräuchlicher Steuergeldverwendung, aber beileibe nicht der einzige. Immer wieder wird Hannover in dem Prüfbericht des Landesrechnungshofs negativ erwähnt. So wird auch kritisiert, dass Politiker Präsente an Dritte aus der Fraktionskasse bezahlten, etwa Blumensträuße, Bücher, Gutscheine und andere Waren. Auch würden regelmäßige Feiern und alkoholische Getränke aus den Fraktionszuwendungen finanziert, ebenso zum Teil unübliche und unangemessen hohe Trinkgelder.

Der Bund der Steuerzahler hatte die seiner Ansicht nach unverhältnismäßig hohen Zuwendungen an die hannoverschen Ratsfraktionen schon 2016 kritisiert und an die Ratspolitik appelliert, hier finanzielle Abstriche zu machen. Bereits einer zweiköpfigen Fraktion steht ein Personalbudget von über 100.000 Euro im Jahr zur Verfügung. Die AfD-Fraktion hat diese Kritik im vergangenen Jahr aufgegriffen und beantragt, diese Zuwendungen zu kürzen, und sie hat detaillierte Vorschläge dazu vorgelegt. Dieser Antrag wurde ohne jede Debatte von allen anderen Ratsmitgliedern abgelehnt, nur die AfD-Ratsherren stimmten dafür. (afd/aup)


 

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