05.04.2019

Aus den Niederungen der hannoverschen Kommunalpolitik

I.

AfD-Anträge sind die für CDU immer ein "No-Go"

Sumpf KommunalpolitikÜber den Gendersprach-Unfug, der Hannover bundesweit zum Gespött gemacht hat und weiter macht, ist alles gesagt; das Thema wurde in Politik und Medien intensiv, und ganz überwiegend mit negativem Tenor, behandelt. (Ebenso auf der Facebook-Seite der AfD-Stadtratsfraktion ***, hier aber, wenig überraschend, durchgehend negativ).

Warum die CDU den Antrag der AfD ablehnte, sagte die CDU-Ratsfrau Jeschke in unverblümter - und damit immerhin lobenswerter - Klarheit: Man lehne den AfD-Antrag ab, weil es Linie der CDU-Fraktion sei,  AfD-Anträge grundsätzlich als ein "No-Go" zu betrachten. Es geht der CDU also nicht um die Sache, sondern um Parteipolitik. Gut zu wissen (falls man es noch nicht wusste).  AfD-Ratsherr Sören Hauptstein stimmte ungeachtet dessen dem CDU-Antrag zu. Was eine Selbstverständlichkeit war, denn der AfD geht es um die Sache.

Bemerkenswert war im Verlauf der Debatte auch eine Äußerung der Grünen-Ratsfrau Renee Steinhoff, ebenfalls unverblümt und deutlich. SPD-Mann Lars Kelich hatte versucht, die Gendersprach-Regelung herunterzuspielen: Er verstehe die ganze Aufregung nicht, es werde hier ja so getan, als gehe das Abendland unter (oder so ähnlich), dabei gehe es hier doch nur um ein "Reförmchen". Hauptstein widersprach vehement: "Das ist kein 'Reförmchen', Herr Kelich, das ist ein Kulturbruch!" Worauf Frau Steinhoff sich zu Wort meldete: "Ja, es ist ein Kulturbruch, und es ist gut, dass es diesen Kulturbruch gibt!"

II.

Spagat-Weltmeister FDP: Döring wollte Boykott, Engelke segnet ab 

 

Womit sie auch, das nur am Rande, ihrem "Ampel"-Koalitionär Kelich  widersprach. Und damit zum dritten Partner in der "Ampel":  der FDP, die in der Sache Gendersprache einmal mehr ein bemerkenswert elastisches Rückgrat zeigt. Ratsherr Patrick Döring, auch Vorsitzender des FDP-Stadtverbands Hannover, hatte noch im Januar heftig dagegen gewettert und die Rathausmitarbeiter (neuerdings wahlweise:  Rathausmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, Rathausmitarbeiter*innen oder Ratshausmitarbeitende) zum Boykott aufgerufen. ****

 

Da hätte man doch meinen sollen, Dörings Fraktionskollege Wilfried Engelke würde jetzt, wenn er schon dem AfD-Antrag nicht zustimmt (welche Feigheit die AfD ihm ja großzügig nachgesehen hätte), wenigstens dem CDU-Antrag zustimmen. Das tat er aber nicht, er enthielt sich auch nicht - sondern er lehnte glatt ab! Der Beobachter reibt sich verwundert die Augen: wie das? Die Antwort lautet, natürlich: Koalitionszwang.

Wieder eine dieser Verrenkungen der FDP, wie schon bei der Straßenausbaubeitragssatzung ("Strabs"), wie zuletzt auch bei der drastischen Erhöhung der Parkgebühren, die der Programmatik der FDP eigentlich vollkommen zuwiderläuft.  Dafür braucht man schon ein sehr elastisches Rückgrat ...

III.

SPD-Anfrage "totgequatscht", um AfD nicht zum Zuge kommen zu lassen

 

Ein besonders groteskes Schmierenstück wurde in der jüngsten Ratsversammlung beim Tagesordnungspunkt "Anfragen" gegeben. Zur Erläuterung: Die Fraktionen haben die Möglichkeit, Anfragen an die Verwaltung zu richten. Davon wird rege Gebrauch gemacht;  zur letzten Ratsversammlung lagen zwölf Anfragen vor. Eine Anfrage wird von der jeweiligen Fraktion vorgetragen, dann vom betroffenen Dezernenten mündlich beantwortet, anschließend debattiert.

 

Damit das den Rahmen der Ratsversammlung nicht sprengt, ist die Zeit für diesen Tagesordnungspunkt auf 60 Minuten begrenzt. Es können also nur einige wenigen Fragen "live" beantwortet werden, beim übrig gebliebenen Rest wird auf die schriftliche Beantwortung verwiesen. Es gilt hier das Prinzip: "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst"; die Reihenfolge richtet sich nach der  elektronisch registrierten Eingangszeit einer Anfrage, frühestens ab "zehn Tage vor der Ratsversammlung, 15.00 Uhr". Jeder möchte seine Anfragen natürlich möglichst weit vorn platzieren, damit auch eine Debatte darüber stattfinden kann.

 

Die AfD lag hier ziemlich gut im Rennen: Sie hatte ihre beiden Anfragen auf den Positionen 4 und 5  platziert; zum einen zu unklaren Identitäten bei ausreisepflichtigen Personen ("abgelehnten Asylbewerbern"), zum anderen zur  Clankriminalität in Hannover. Davor lagen zwei Anfragen der "Gruppe Linke & Piraten" und auf Platz 3 die SPD-Fraktion "zu wohnraumerhaltenden Hilfen". 

 

Und dieses Thema wurde nun mit "Debattenbeiträgen" und Nachfragen gestreckt und ausgewalzt und zerdehnt, förmlich "zu Tode  gequatscht" - nur, damit die AfD nicht mehr "drankam", wie überdeutlich zu merken und auch jedermann im Ratssaal klar war. Besonders hervor taten sich dabei Dirk Machentanz und Brigitte Falke von der Linkspartei, letztere ganz extrem. Und je weiter die Zeit voranschritt, desto blödsinniger und unsinniger wurden ihre Nachfragen an Baudezernent Uwe Bodemann, der mindestens einmal sagte: "Ich habe Ihre Frage nicht verstanden", und damit meinte er nicht: akustisch.

 

Es war, wie gesagt, ein groteskes Schmierenstück, aber ein aus Sicht der Schmierenspieler erfolgreiches Schmierenstück: Die AfD kam tatsächlich nicht mehr dran. Baudezernent Bodemann, hinterher von uns darauf angesprochen, ließ durchaus Verständnis für unseren Unmut durchblicken und sagte nur: "An mir hat es nicht gelegen", womit er natürlich recht hatte. -  Tja, so geht's zu im hannoverschen Stadtrat. (afd/aup) 

 

* https://e-government.hannover-stadt.de/lhhsimwebre.nsf/DS/0410-2019

** https://e-government.hannover-stadt.de/lhhsimwebre.nsf/DS/0852-2019

*** https://www.facebook.com/AfDStadtratsfraktionHannover/ 

**** http://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Neue-Sprachregeln-in-Hannover-FDP-ruft-Rathausmitarbeiter-zum-Boykott-auf